Welche Expansionspläne verfolgen Sie, z.B. hinsichtlich der Marktanteile?
Gérard Sidoun: Ich verfolge keine Ziele mehr. Aber ich war immer dafür, Weltmarktführer zu werden und Anteile, die wir in Deutschland vor 20 Jahren verloren haben, wieder zurückzugewinnen. Da sind wir auf einem guten Weg. Ende der 90er Jahre waren wir mit 33 Prozent Marktführer. Dann hab ich meinen größten geschäftlichen Fehler gemacht, indem ich ein gutes Produkt durch eines ersetzt habe, das noch nicht fertig war. So habe ich viele Kunden verloren.
Karoline Diegelmann: Das mit der globalen Marktführerschaft weiß ich noch nicht. Was ich aber sehr interessant finde, ist die Anteile in Deutschland zurückzugewinnen. Es haben auch anderen Kunden verdient, mit unserer Software zu arbeiten.
Welche strukturellen Änderungen stehen bei SIDOUN zukünftig an?
Karoline Diegelmann: Herr Sidoun hat sehr viele Jobs an sich gebunden. Alle Leiter werden nach der Übergabe wohl ihre Verantwortung mehr an sich nehmen müssen. Allein schon deswegen, weil ich zum Beispiel die Arbeit eines Programmierers als Architektin gar nicht machen könnte. Die Leiter sollen künftig mächtiger agieren.
Gérard Sidoun: Ich kann das bestätigen, ich bin ein Verantwortungs-Staubsauger. Wenn ich zurücktrete, kommen sicher mehr Leute in die Verantwortung, und das ist wirklich toll. Das freut mich.
Wie sollen künftig Qualität und Erweiterung der Services gestaltet werden?
Gérard Sidoun: Der Schwerpunkt meiner Begeisterung und der Grund für SIDOUN war immer das Programmieren. Ich habe Mathematik und Physik studiert, Programmieren ist mein Hobby, das mache ich, wann immer ich einen Rechner habe. Mein zweiter Schwerpunkt ist der Vertrieb. Ich finde den Kontakt mit Menschen faszinierend. Was mich weniger interessiert hat, war der Service. Ich habe es zwar gemacht, fand es aber weniger interessant. Frau Diegelmann sieht das anders und das freut mich sehr. Unsere Kunden verdienen mehr Unterstützung. Vielleicht wird die Produktentwicklung dadurch langsamer, aber das Customizing intensiver.
Wie kann hierzu Customizing als Beispiel angeführt werden? Was macht Sie in dieser Hinsicht zum Innovationsführer?
Karoline Diegelmann: Ich habe sehr viel Begeisterung für das Produkt und würde das gerne an unsere Kunden weitergeben. Wir haben ein Team im Service, das dies genauso vermittelt. Ich bin dort gestartet und mir ist es ein wichtiges Anliegen, dass sich unsere Kunden geliebt und gewertschätzt fühlen, dass sie Alleinstellungsmerkmale für sich kennenlernen und sie gut finden. Wir werden Kundenideen aufnehmen und umsetzen.
Wie können Sie dadurch Umsätze und Zufriedenheit steigern?
Karoline Diegelmann: Ich denke, das wird sehr große Auswirkungen haben. Im Moment liegen unsere Aktivumsätze überwiegend im Neukundengeschäft. Aber ich denke, wir können auch mit unseren Bestandskunden sehr wachsen. Im Moment kommen 50 Prozent des Umsatzes aus Serviceverträgen und auch das lässt sich noch steigern. Es wird sich herumsprechen, wie gut Produkt und Service sind.
Gérard Sidoun: Wir haben richtige Fans unter unseren Kunden, die die Firma und das Produkt lieben. Aber in Gesprächen merke ich dann doch immer wieder, dass sie das Produkt und viele Funktionen gar nicht richtig kennen, gerade im Bereich Customizing. Sie wissen gar nicht, dass diese Funktionen da sind und wir sollten der Fangemeinde zur stärkeren Nutzung verhelfen. Zum Customizing gehört natürlich auch Schulung. Beim Kauf wissen die Kunden noch viel über das Produkt, aber ein paar Monate später haben es die meisten schon wieder vergessen und benutzen nur noch die Standardfunktionen.
Wie sehen Sie die weitere Vision des Unternehmens SIDOUN? In welche Richtung soll es künftig stärker gehen? Welchen Kurs schlägt SIDOUN zukünftig ein?
Karoline Diegelmann: Der Firmenname bleibt natürlich bestehen, genauso wie die Vision des schönen Platzes. Ein Ort, an dem Menschen gerne sind und an dem jeder so sein kann, wie sie oder er sein möchte. Diesen Spirit sollen auch unsere Kunden spüren. Und dazu gehört übrigens auch, Innovationsführer zu sein. Wir machen das, worauf andere gar nicht erst kommen. Ein paar Überraschungen wird es auch noch geben.
Gérard Sidoun: Ich freue mich schon jetzt auf die neue Zeit und bin gespannt auf die Änderungen. Ein großer Dank, dass wir es bis hierher geschafft haben, gehört allen bisherigen und jetzigen Mitarbeitern, zum Beispiel Norbert Eiermann (dem Vater der WinAVA) und Herrn und Frau Bodamer, die die Firma in den 90er Jahren stark geprägt haben. Auch Frau Elender, die zwischenzeitlich als Geschäftsführerin viel umgestaltet hat und schließlich Frau Klaudia Morck, die immer noch Gesellschafterin ist.